Eine „dünne Haut“ und feine Antennen können Menschen schnell aus dem seelischen und körperlichen Gleichgewicht bringen.
Insbesondere traumatisierte Menschen fühlen sich häufig „hochsensibel“ oder hochsensitiv und können aufgrund eines inneren „Daueralarms“ in ständiger Übererregung, oft auch im Wechsel mit scheinbar totaler Unterspannung, durchs Leben gehen.
Richtige, echte „Entspannung“ kennen sie eigentlich nicht. Ich erlebe es oft, dass Menschen sich selbst als entspannt wahrnehmen – Die Signale ihres Nervensystems sprechen aber eine ganz andere Sprache. Diese Signale wahrzunehmen, kann man lernen und ebenfalls, das eigene Nervensystem zu beruhigen und zu regulieren. Dabei kann die körperorientierte Traumatherapie enorm hilfreich sein.
Ist eine bedrohliche Situation in der Vergangenheit nicht durch Kampf oder Flucht aufzulösen gewesen, gehen Menschen in die Erstarrung oder, als letzten Ausweg, in die Erschlaffung und somit in die Bereitschaft, zu sterben. Ein Mensch, der eine solche Situation zwar physisch überlebt hat, kann diese Erfahrungen dennoch als dauerhafte Bedrohung im Nervensystem abgespeichert haben. Durch unterschiedliche, ebenfalls dem Überleben geschuldete kognitiven Blockierungen gelingt es nicht, die bedrohliche Situation auch innerlich aufzulösen und somit in einen regulierten Zustand zurückzupendeln.
Das Trauma ist zwar äußerlich scheinbar vorbei, nicht aber die Reaktionen des gesamten Organismus, die durch das traumatische Ereignis hervorgerufen wurden. Durch die körperorientierten Psychotherapieverfahren können Patient:innen und Klient:innen lernen, ihr Nervensystem zu regulieren und allmählich wieder in einen Zustand gesunder und emotional beweglicher Wachheit zurückzukommen.
Die stressinduzierte Hochsensibilität verändert sich durch die Fähigkeit, den inneren Raum der Stresstoleranz zu weiten. Daher sind diese Therapieverfahren für hochsensitive, traumatisierte Menschen besonders wirksam. Unter anderem Bereiche des Stammhirns, in denen unsere Kampf- und Fluchtmechanismen aktiviert sind, können so angesprochen werden. Ich habe die These, dass viele Menschen, die sich als hochsensibel definieren und dies als Belastung erleben, auch einen traumatischen Hintergrund haben. Das schließt eine erhöhte, angeborene Sensitivität nicht aus, kann aber m.E. ungünstig korrelieren.